Das Lipödem
Vortrag "Kampf dem Fettmonster" von © Dominik Derckum  Stand Mai/2022


Was ist ein Lipödem und was unterscheidet es von anderen Ödem Varianten

Auch wenn in unserer Gesellschaft das Lipödem erst in den letzten 10-15 Jahren an Bekanntheit gewonnen hat, ist die Krankheit als solches bereits in der Antike bekannt gewesen. Es gibt bildliche Darstellungen aus der Zeit um 10.000 vor Christus von Personen, deren körperliche Erscheinung sich sehr gut mit der einer an einem Lipödem erkrankten Person decken. Somit ist davon auszugehen, dass diese Erkrankung die Menschheit bereits seit weit über 12.000 Jahren heimsucht. Es handelt sich also nicht um eine neue und unbekannte Erkrankung.

Das Lipödem ist eine chronische, bisher nicht heilbare Erkrankung. Nach allem was wir bisher wissen, ist das Lipödem eine Erbkrankheit, die fast ausschließlich Frauen betrifft. Die von Ärzten gerne benutze Bezeichnung „Fettverteilungsstörung“ jedoch trifft den Kern der Sache leider nicht wirklich.
In jüngster Vergangenheit sind einige Studien durchgeführt worden die andeuten, dass es einige Gene, beziehungsweise einen Gendefekt gibt, der das Lipödem hervorruft. Des Weiteren wurden bei Studien in Kanada spezifische Werte, sogenannte Tumormarker, bei erkrankten Personen gefunden, die in Zusammenhang mit dem Lipödem gebracht werden. Diese Studien sind jedoch, Stand Dezember 2021, in Deutschland nicht anerkannt und es fehlen hierzulande noch eindeutige Nachweise, bevor diese Studienergebnisse auch von den Krankenkassen / dem Bundesamt für Gesundheit anerkannt werden.

Nach derzeitig anerkanntem Wissensstand gehen wir davon aus, dass es sich um ein durch ein Ungleichgewicht im Hormonhaushalt hervorgerufenes Syndrom handelt, bei dem der Körper anfängt vermehrt Fett im Unterhautgewebe einzulagern. Was daraus abgeleitet wird, dass bei den meisten Frauen die ersten Symptome in einer der drei großen Hormonumstellungsphasen im Leben einer Frau auftreten: Pubertät, Schwangerschaft, Menopause. Das heißt auch, das Lipödem kann sich bereits im Alter von 11-13 Jahren manifestieren.

Da in letzter Zeit vermehrt auch bei sehr jungen Mädchen ein Lipödem diagnostiziert wird, wird vermehrt spekuliert, dass gegebenenfalls ein erhöhter Hormonspiegel in der Nahrung, insbesondere in Fleisch und anderen tierischen Erzeugnissen eine Rolle spielen könnte. Dies konnte bisher jedoch noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.

Ein weiterer Indikator für die These der hormonell bedingten Erkrankung ist die Tatsache, dass der Lebenswandel der Patientin keinen direkten Einfluss auf den Verlauf der Krankheit hat. Wir beobachten, dass sowohl schlanke, sportliche Frauen an Lipödemen leiden, als auch weniger aktive oder wohlgenährtere Frauen.

Da das Lipödem ein „schweigendes“ Leiden ist, sollten deswegen die Symptome genau beobachtet werden (dazu später mehr).
In aller Regel beginnt der Körper mit der vermehrten Einlagerung von Fett im Bereich der Hüften und schreitet dann von proximal (also körpernah) nach distal (körperfern) voran. Dies ist ein wesentlicher Punkt, da die überwiegende Anzahl anderer Ödemerkrankungen eher von distal nach proximal verlaufen. Es können gegebenenfalls nur die unteren Extremitäten betroffen sein. Wobei eine Beteiligung der oberen Extremitäten jedoch durchaus die Regel ist. Meist ist es jedoch so, das die Beine stärker betroffen sind. Die Umfangsvermehrung ist dabei in der Regel symmetrisch oder nur geringfügig unterschiedlich. Auch dies ist wichtig, da dies ein Unterschied zu einigen anderen Ödemvarianten darstellt, die durchaus auch an nur einer Extremität oder gar örtlich begrenzt auftreten können.

Auch wenn die überwiegende Mehrzahl der Betroffenen vorrangig im Bereich des Beckens und der unteren Extremität betroffen sind, kann es durchaus im Verlauf der Krankheit vorkommen, das auch andere Körperteile, wie der Rumpf und teilweise sogar der Kopf betroffen sein können. Gerade wenn auch der Oberkörper und / oder der Kopf betroffen sind, stellt dies die Betroffenen vor große Probleme im Bestreiten des Alltages und die Lebensqualität sinkt drastisch.

Wie bereits oben erwähnt, handelt es sich beim Lipödem um eine Erbkrankheit. Sollten sich in ihrer Familie die Fälle von Lipödemen bereits gehäuft haben, beobachten Sie die Entwicklung ihrer eigenen Beine/Arme und die ihrer Tochter/Töchter genau.

Wichtig: Bis vor wenigen Jahren wurde diese Diagnose selten „offiziell“ gestellt. Sehen Sie sich alte Familienfotos an oder erinnern Sie sich welche Konstitution die Frauen in ihrer Familie hatten und ziehen Sie daraus Rückschlüsse. Auch kann das Lipödem durchaus vom Vater vererbt werden.
Ja mir ist durchaus bewusst, das kann gegebenenfalls zu peinlichen Situationen führen. Aber glauben Sie mir, ein nicht erkanntes, unbehandeltes Lipödem führt im späteren Verlauf zu deutlich mehr Unannehmlichkeiten als eine eventuell unnötige Begutachtung der Beine ihrer Nachkommen. Auch ist es so, dass je früher mit der Therapie begonnen werden kann, desto besser sind die Aussichten auf „Erfolg“.
Dabei ist es von äußerster Wichtigkeit zu verstehen, dass es sich ausdrücklich nicht um „Lagerfett“ (Fett, das der Körper für schlechte Zeiten einlagert und bei Bedarf wieder abbaut) sondern um eine Art „Baufett“ handelt. Dieses Fett wird auch bei längerer und intensiver Gewichtsreduktion vom Körper „nicht“ angetastet.

Dieses Lipödem-Fett ist von seiner Textur her deutlich von „normalem“ Lager-Fett zu unterscheiden. Normales Lagerfett zeigt sich meist in großen, eher weichen Fettzellen, die sich oftmals nicht genau abgrenzen lassen. Lipödem-Fett dagegen ist zumindest in frühen Stadien eher kleinzellig und eher fest. Oftmals wird beschrieben die Fettschicht fühle sich an wie die Füllung eines Sitzsacks (kleine Perlen unter der Haut). Im späteren Verlauf wachsen diese Fettzellen dann deutlich und gewinnen an Volumen, wodurch die „Knoten“ größer und knubbeliger werden, sie können dabei durchaus die Größe einer Grapefruit erreichen. Sie bleiben jedoch weiterhin gut gegenüber dem restlichen Gewebe abgrenzbar.

Nach neusten Forschungsergebnissen hängt diese „Umformung“ des Fettgewebes mit einer chronifizierten Entzündung der kleinen Blutgefäße zusammen, die die Fettzellen wie ein Netz umschließen und mit allem Versorgen was sie brauchen. Durch die ständige Entzündung wird das Fettgewebe angegriffen und verhärtet sich. Dies ist ganz besonders während einem akuten Schub zu beobachten. Im Zusammenhang mit den oben genannten Forschungsergebnissen aus Kanada, könnte man jedoch gegebenenfalls den Schluss ziehen, dass es sich um eine Art generalisiertes Lipom handeln könnte. Also eine Art Fettgeschwulst, dass sich „überall“ am Körper simultan bildet.

Das reine Lipödem zeichnet sich dabei dadurch aus, dass es relativ wenig Wasser in den Extremitäten einlagert, sondern dieses im Fett bindet (Fett besteht zu gut 25% aus Wasser). Das reine Lipödem ist jedoch eine eher selten diagnostizierte Variante. Meist kommt es bereits bei Stadium 1 Patientinnen zu einer Vermischung aus Lip- und Lymphödem. Dies passiert aufgrund von Sekundärstauungen, die entweder durch den Druck des Lipödems auf die Lymphgefäße oder im späteren Verlauf durch das anfallende Übergewicht entstehen. Diese Stauungen sorgen für vermehrte Wassereinlagerungen im Gewebe, da dieses nicht wie üblich über das Lymphsystem abtransportiert werden kann. Diese Mischform, das sogenannte Lip-Lymphödem ist die mit Abstand häufigste Variante des Lipödems. Dieses bringt alle negativen Symptome und Gefahren des Lymphödems mit (dazu später mehr). Deswegen ist es von großer Wichtigkeit so früh wie möglich, auch bei einem erst gering ausgeprägten Lipödem, bereits mit der vollständigen Therapie zu beginnen. Diese beinhaltet manuelle Lymphdrainage und Kompressionstherapie. Dadurch haben Sie die besten Chancen ein Fortschreiten der Erkrankung zumindest zu verlangsamen (auch dazu später mehr).

Es gibt eine Reihe von Erkrankungen, die dem Lipödem ähneln, aber per Definition kein Lipödem sind.
Einige davon sind: Die Extremitäten-Lipohypertrophie, die periphere Adipositas, die benigne symmetrische Lipomatose (auch Madelung-Syndrom genannt), der Morbus Dercum (nein, ist nicht mit mir verwandt).

Deswegen ist eine gezielte und genaue Differenzialdiagnostik von größter Wichtigkeit. Nur wenn die Diagnose zweifelsfrei und richtig gestellt ist, kann eine Therapie langfristig erfolgreich sein.
Wichtig: Wie in der Medizin durchaus üblich, kommt eine Krankheit in aller Regel nicht allein.
Das Lipödem ist in der überwiegenden Zahl der Fälle nur eine von mehreren Erkrankungen, die meist im Verbund eine komplexe Gesamtsymptomatik ergeben. Auch können im Laufe einer Lipödemerkrankung weitere Krankheiten hinzukommen, oder im Zweifelsfall sogar durch das Lipödem verursacht werden. Darauf gehe ich in den Kapiteln Nebenkriegsschauplätze und Komplikationen noch einmal genauer ein.

Die Symptome, oder das Fehlen eben dieser

Das Lipödem hat eine Reihe von möglichen Symptomen. Davon sind einige als Kardinal- oder Leitsymptome anerkannt. Diese oder zumindest einige davon „müssen“ vorhanden sein, um die Diagnose Lipödem zu rechtfertigen.

- Das Lipödem tritt symmetrisch, beidseits auf. Kardinalsymptom

- Die Arsen (Hände und Füße) sind nicht betroffen. Kardinalsymptom (Vorsicht, beim Lip-Lymphödem können Hände und Füße aufgrund des Lymphödems trotzdem betroffen sein!!!)

- Spontane Spannungsschmerzen in den Beinen/Armen: „Mir platzen gleich die Beine“, ohne dass dafür eine Ursache bekannt ist, die sich im Tagesverlauf verschlimmern. Kardinalsymptom

- Hämatomneigung, schon bei geringen Stößen oder Berührungen, teilweise auch ohne erkennbare Ursache. Kardinalsymptom

- Orthostatische Ödeme vor allem im Fettgewebe, nicht in Händen und Füßen. Oftmals bei warmen Wetter deutlich häufiger als im Winter. Kardinalsymptom (Vorsicht, beim Lip-Lymphödem können Hände und Füße trotzdem betroffen sein!!!)

- Diät-Resistenz. Das heißt selbst bei intensiver Gewichtsreduktion werden die Fetteinlagerungen nicht abgebaut. (Vorsicht, das benigne / normale Lagerfett in Armen und Beinen wird trotzdem verringert und kann das Ergebnis verfälschen!) Kardinalsymptom

Es kann bei einem Lipödem noch zu zahlreichen weiteren Symptomen kommen, die zu zahlreich sind um sie hier aufzuführen. Vor allem sind diese oftmals auch individuell sehr unterschiedlich und nicht selten abhängig von Nebenerkrankungen, die bei der Patientin gegebenenfalls bestehen.
Wichtig: Sollten Sie eines, oder mehrere der oben genannten Kardinalsymptome bei sich entdecken, sollten Sie gegebenenfalls mit Ihrem Arzt darüber sprechen und die restlichen Kardinalsymptome abklären lassen. Gerade im Anfangsstadium müssen noch nicht zwingend alle Symptome in voller Ausprägung vorzufinden sein.

Der Verlauf eines Lipödems kann sehr unterschiedlich sein. Manche Frauen entwickeln zum Beispiel erst sehr spät spontane Schmerzen, da gegebenenfalls eine hohe Schmerztoleranz oder ein sehr weiches Bindegewebe vorhanden ist. Dies kann dazu führen, dass dieses Symptom vielleicht anfangs nicht wahrgenommen wird. Auch können andere Begleiterkrankungen gewisse Symptome verfälschen: Hohe Gerinnungswerte können die Hämatomneigung verfälschen, die Einnahme von Diuretika können eventuell die Einlagerung von Flüssigkeit verfälschen (Diuretika sind keine adäquate Behandlung bei Ödemen aller Art!!), das Vorhandensein anderer Ödemerkrankungen können Wassereinlagerungen an Händen / Füßen verursachen, etc. etc.


Genereller Verlauf

Der Verlauf des Lipödems ist dem Grunde nach progressiv. Allerdings verläuft es nicht kontinuierlich sondern eher schubweise. Da wir, wie bereits erwähnt, nicht genau wissen wie das Lipödem genau funktioniert, ist es schwer festzustellen ab wann genau die Krankheit ausbricht. Eins kann jedoch mit Sicherheit gesagt sein: Ein Lipödem hat man, man bekommt es nicht und es ist auch nicht ansteckend. Man wird mit einem Lipödem geboren.

In aller Regel verlaufen die ersten Jahre im Leben einer Patientin völlig symptomfrei. Wie bereits oben erwähnt erfolgt der erste große Schub meist, aber nicht ausschließlich, während einer der drei großen Hormonumstellungsphasen: Pubertät, Schwangerschaft und/oder Menopause. Auch große oder schwere chirurgische Eingriffe, oder starker psychologischer Stress sind in der Vergangenheit als Auslöser eines Schubes / der Krankheit beobachtet worden.

Ein weiterer, gerade in der jüngsten Vergangenheit häufiger Schubauslöser kann auch die Ernährung sein. Der fatale Drang sich „vegan“ zu ernähren führt dazu, dass wir unserem Körper Nahrungsmittel zuführen, die gegebenenfalls Homonaktiv sind. ( Dazu später mehr )
Wobei es nicht so ist, dass es dann „Plopp“ macht und das Lipödem ist da. Mitunter kann ein Schub auch ohne weitere Symptome oder Folgen ablaufen.

Gerade in der Schwangerschaft, wo es durchaus zu Wassereinlagerungen kommen kann und zwangsläufig zu einer Gewichtszunahme kommt, bleibt ein Schub gerne völlig unter dem Radar. Meist wird der Schub erst ein bis zwei Jahre später bemerkt. Dann, wenn das zugenommene Gewicht nicht mehr abgenommen werden kann und die Beine trotz der ( hoffentlich erfolgreich ) beendeten Schwangerschaft nicht abschwellen wollen.

Ein weiteres Beispiel, das häufig beobachtet wird, ist der Tod eines geliebten Menschen, der zu einem Schub führt. Dieser wird dann damit abgetan, dass die Patientin sich „Kummerspeck“ angefuttert hat.
Bei Patienten|innen, die schon vor dem Ausbruch der Erkrankung eher korpulent sind, kann ein erster Schub auch völlig unbemerkt ablaufen, da die „Umfangsvermehrung“ mitunter gar nicht bemerkt wird. Meist werden im Folgenden ablaufende Schübe jedoch anhand der sich häufenden Symptome bemerkt. Meist spielen dann vor allem die Schmerzsymptomatik und die Veränderungen in der Gewebetextur eine große Rolle.

Auch ist die Häufigkeit von Schüben völlig unvorhersehbar. Es kann sein, dass jahrelang de facto kein Voranschreiten der Erkrankung zu verzeichnen ist und plötzlich geht es Schlag auf Schlag. Auch da wissen wir nicht unbedingt warum das so ist. Aber Tatsache ist, Psyche und Stress, wie bereits erwähnt, spielen dabei eine gewisse Rolle!
,
Der Verlauf kann unterschiedlich schnell und intensiv sein. Ich habe im Laufe der Jahre Patientinnen behandelt, die teilweise über 40-50 Jahre ihr Stadium 1 gehalten haben, ich habe aber auch Patientinnen behandelt die mit 23 Jahren bereits so weit im Stadium 3 vorangeschritten waren, dass fraglich ist, ob diesen überhaupt irgendwie geholfen werden kann.

Ich denke man kann die Patientinnen in grob in zwei Gruppen teilen:
Die erste Gruppe hat einen „eher“ schnellen Verlauf, der früh beginnt und sehr schnell zu Stadium 3 voranschreitet. Diese Patientinnen haben oftmals verhältnismäßig wenig Schmerzen.
Die zweite Gruppe hat einen „eher“ langsamen Verlauf, der zwar auch früh beginnt, aber mitunter sogar Jahrzehnte nicht erkannt wird. Das Voranschreiten ist zwar langsamer, oftmals jedoch mit deutlich schlimmeren Schmerzen verbunden. Nicht selten werden diese Patienten jahrelang falsch auf Fibromyalgie behandelt. Natürlich meist nur mit dem Erfolg, dass dauerhafte Kortisongabe das Lipödem noch zusätzlich befeuert.

Generell unterscheidet man beim Lipödem zwischen drei (in manchen Veröffentlichungen vier) Stadien, wobei die Elefantiasis als Endstadium nicht immer dazu gezählt wird. Diese 3-4 Stadien gehen fließend in einander über und können nur schwer voneinander abgegrenzt werden. Oftmals ist eine Einteilung in Stadium 1, Stadium 1-2, Stadium 2-3 und Stadium 3 sinnvoller, da gerade das Zwischenstadium schwer abzugrenzen ist. Stadium 1 und 3 sind dagegen doch deutlich und eindeutig zu bezeichnen.

Zusätzlich wird das Lipödem in der Regel in vier Typen unterteilt:

Typ 1: Im Bereich der Hüften und des Gesäßes lagert sich vermehrt Fett an. Dadurch kommt es zu den sogenannten Reiterhosen.

Typ 2: Die Fetteinlagerung breitet sich in Richtung der Knie weiter aus. Deutliche Anlagerung an der medialen Seite des Knies.

Typ 3: Das Lipödem betrifft nun die gesamte untere Extremität mit Ausnahme der Füße.

Typ 4: Beim Typ 4 sind die Arme mit betroffen.

Wichtig: In der Community ist die Einteilung nach diesen Typen durchaus umstritten, da es durchaus auch Betroffene gibt, die bereits sehr früh auch eine Beteiligung der oberen Extremität, oder sogar des Rumpfes haben.

Mittlerweile sind mir mehrere Patienten bekannt, die nachweislich am gesamten Körper mit ihrem Lipödem zu kämpfen haben, sogar am Kopf beziehungsweise im Gesicht. Mit Sicherheit stellen diese Patienten eine Minderheit dar, aber versuchen Sie diesen mal zu erklären, dass nach allem was wir wissen, das Lipödem „nur“ die Extremitäten betrifft.

Die klassische Einteilung, am Beispiel eines Reiterhosentyps, lautet wie folgt:

Stadium 1:
- Im Bereich der Oberschenkel bildet sich tendenziell eine Reiterhose aus. Die Haut in diesem Gebiet ist jedoch noch immer glatt und gleichmäßig.
- Beim Pinch-Test, wenn Haut und Unterhautgewebe zusammengeschoben werden, zeigt sich eine Orangenhaut / Celulite Textur.
- Durch die beginnende Fetteinlagerung fühlt sich das Unterhautgewebe weich und dick an.
- In Bereichen mit dünner / weicher Haut (Oberschenkel-, Knieinnenseite) können gegebenenfalls kleine Knötchen gespürt werden, ähnlich Styroporkügelchen in einem Plastikbeutel.

Stadium 2:
- Die Reiterhose ist nun voll ausgeprägt und umschließt Hüften und Gesäß bis zu den Knien.
- Die Haut ist nun mit großen Dellen versehen und die kleinen Knötchen sind auf etwa die Größe eines Golfballs angeschwollen. Man spricht von Matratzenhaut.
- Das Unterhautgewebe ist aufgrund der vermehrten Fetteinlagerung weiter geschwollen, aber noch weich.

Stadium 3:
- Die Reiterhose wächst sich aus, über die Knie hinweg in die Unterschenkel.
- Die Umfangsvermehrung ist am gesamten Bein sowie um das Gesäß stark ausgeprägt.
- Das Unterhautgewebe verdickt sich weiter und verhärtet
- An den Enden der einzelnen Kompartments bilden sich mitunter überhängende Fettschürzen. Vor allem an den Knien und Sprunggelenken.
- Spätestens ab hier Sekundärerkrankungen wie Lymphödeme, und dem Übergewicht geschuldeter Verschleiß.

Stadium 4: (Dieses Stadium ist nicht in des gesamten Literatur anerkannt)
-Elefantiasis

 Fazit:

Eine frühzeitige, differenzierte Diagnose des Lipödems ist von großer Wichtigkeit für den weiteren Verlauf der Behandlung. Bitte lassen Sie sich hierfür eine Überweisung zu einem geeigneten Facharzt von ihrem Hausarzt ausstellen, oder suchen Sie den Facharzt direkt auf.
(Ich hänge eine Liste mit anerkannten Fachärzten in der Umgebung aus, diese können Sie sich dann abfotografieren)
Die Behandlung sollte möglichst frühzeitig beginnen um ein Fortschreiten der Erkrankung möglichst hinaus zu zögern.

Die Erkrankung kann sehr divers verlaufen, es gibt keinen allgemeingültigen Musterverlauf. Es ist wichtig die betroffene Person individuell zu betrachten und entsprechend der vorhandenen Symptomatik zu agieren.
Langfristig wird es immer zu schweren Neben- und Folgeerkrankungen kommen. Die Frage lautet hier nicht ob diese eintreten, sondern wann, wie und in welcher Form.

Eine Patientin kann bereits im Stadium 1 sehr heftige Symptome haben und Patientinnen mit Stadium 3 müssen abgesehen von der massiven Umfangsvermehrung und dem damit einhergehenden Übergewicht nicht zwingend weitere schwerwiegende Symptome haben.

Wie gesagt ist der Verlauf ausnahmslos immer progressiv, das heißt, auch wenn der Verlauf mitunter sehr langsam sein kann, verschlimmert er sich im Laufe der Jahre ausnahmslos immer. Es sind mir keine Fälle bekannt, in denen das Lipödem irgendwann einfach wieder verschwunden ist. Wir können den Fortschritt verlangsamen und gegebenenfalls Aufhalten, aber umkehren können wir ihn nicht.

Selbst mit fortschrittlichen Operationsmethoden können wir keine dauerhafte Heilung bei einem Lipödem herbeiführen.


Share by: